
In den letzten Tagen gab es noch heftige Turbulenzen um das Visum der jungen Frau – statt des erhofften Stempels hatte sie in der Deutschen Botschaft nur einen Zettel im Pass: „Die Botschaft ruft Sie an.“ Wir wurden hektisch und sahen den gebuchten Flug in Gefahr – aber dann ging doch alles gut, und letzte Nacht waren wir als kleines Empfangskomitee mit am Flughafen!
Y. ist ziemlich aufgeregt. Sein Vater hat ein Foto geschickt, damit er die Schwester – zwei Jahre hat er sie nicht gesehen, zwei Kinder waren sie damals beide noch – überhaupt sicher erkennt 😉 Die Sorge ist komplett unbegründet. Y. ist sonst selbstbewußt und redegewandt, aber plötzlich bahnt er sich schweigend seinen Weg durch die Menge und nimmt seine ein Jahr ältere Schwester stumm und fest in die Arme. A. ist da! Eine Odyssee durch Syrien (und der erste Flug ihres Lebens) liegt hinter der Neunzehnjährigen, und das Visum, dass sie von der Ausländerbehörde nicht bekommen hätte – das haben eine Bürgin aus Heidelberg und viele kleine Patenschaften ihr verschafft! Y. hat nach seiner gefahrvollen Flucht Freunde und Unterstützerinnen in Deutschland gefunden, und U. ist am Flughafen dabei. Sie hat für die beiden jungen Leute ein enges Programm für diese Woche eingetütet: Morgen geht’s gleich zum Bürgeramt. Aber erstmal wird geknuddelt! „Stop exercising / start training“ steht auf Y.s TShirt. Er spricht schon gut deutsch und kann seiner Schwester bei den ersten Schritten im neuen Leben gut helfen. „Erstmal ausschlafen!“ ist eine Bitte, der U. ausnahmsweise stattgibt. In Beirut sind 35 Grad und Sonnenschein, hier gießt es wie aus Kübeln. Merkt A. etwas vom Wetter? Sie ist noch ganz benommen, noch gar nicht richtig angekommen nach dem ersten Flug ihres Lebens. Y. hat einen Schirm dabei; der kleine Bruder ist ganz schön groß geworden (und war, als er sie das letzte Mal sah, einen Kopf kleiner als A. ;-)) Berlin funkelt im Regen: Letztlich ist für die Schwester aus Hama doch noch ein goldener Weg in unsere Stadt möglich geworden; wir sind glücklich darüber. All die Anfragen von hunderten Hilfesuchenden, all die Absagen, der bürokratische Kampf um jedes einzelne Menschenleben: An einem wunderschönen Regenabend in Berlin tritt das alles für Augenblicke in den Hintergrund; – denn etwas hat geklappt. Etwas ist möglich geworden. Wir sind dankbar dafür. – Zu erleben, wie lang Getrennte sich wiedersehen, wie aus einem einsamen jungen Mann in einer betreuten WG plötzlich wieder jemandens Bruder wird, ein Stück Familie sich gegenseitig beistehen und helfen kann: Das ist, was wir mit mehr als 4.400 monatlichen Patenschaften schon sehr oft möglich machen durften. Mit Deiner Hilfe können wir noch vielen anderen dazu verhelfen. Jederzeit kündbare 10 € im Monat machen es möglich!